Workshop in Osnabrück
“Geschlechtergleichstellung in der Migrationsarbeit – Praxisfragen zwischen Vermittlungsstrategien und Selbstreflexion”
Ein Workshop für Fachkräfte der Migrations- und Teilhabearbeit – 13.02.19 in Osnabrück
Dokumentation:
Der Regionalverbund Osnabrück-Emsland-Bentheim der Kooperativen Migrationsarbeit Niedersachsen (KMN) und G mit Niedersachsen – Bildungs- und Beratungsstelle (VNB e.V.) luden Hauptamtliche und deren Netzwerkpartner*innen zu diesem Workshop ein.
Mit mehr als 20 Teilnehmer*innen aus verschiedenen Regionen und mit vielfältigen Praxiserfahrungen und Expertisen der Arbeits- und Themenkontexte Flucht, Migration und geschlechtergerechte Teilhabe gingen wir gemeinsam insbesondere folgenden Fragen nach:
- Welche Rolle spielen Geschlechterrollen eigentlich in der Migration und für die gesellschaftliche Teilhabe?
- Gehen Männer anders mit Migrationserfahrungen anders um als Frauen?
- Haben Frauen mit Migrationserfahrungen die gleichen Teilhabechancen wie Männer?
- Wie gelingt es mir, in der praktischen Arbeit geschlechtsspezifische Unterschiede zu berücksichtigen?
- Wie vermittele ich das Recht auf und den Wert der Geschlechtergleichstellung, ohne dabei selbst in „Stolperfallen“ der inter-/transkulturellen Arbeit zu tappen?
Migration als eine Herausforderung von vielen:
Zu Beginn sammelten und diskutierten wir die zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Schnell wurde deutlich: Herausforderungen gibt es viele; Migration ist (nur) eine davon. (Neue) Sichten auf Migration als Chance können dazu beitragen, unsere Zukunftsgesellschaft vielfältiger zu gestalten.
Die oftmals vielfaltsfeindlichen öffentlich-medialen Diskurse über Flucht und Migration verunsichern viele Fachkräfte. Wie können wir nun professionell und haltungs- und handlungssicher auftreten, ohne uns von polarisierenden Positionierungen vereinnahmen zu lassen?
Haltungs- und Handlungsgrundsätze:
Der Workshop bot ein Forum für die Eigenreflexion, den Austausch mit Fachkolleg*innen und die Diskussion von Haltungs- und Handlungsgrundsätzen. Dazu ist aufgrund der Fülle an Aufgaben im Arbeitsalltag selten Zeit.
Schnell verständigten sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen auf wesentliche Grundsätze, nach denen auch im Praxisalltag gehandelt werden kann.
Die häufigsten Nennungen waren hierbei:
- Respekt
- Empathie
- Offenheit
Einig waren sich die Teilnehmer*innen nicht nur in Grundsätzen. Einstimmig wurde betont: Die Praxis und die eigenen wandelbaren Lebenseinstellungen bringen die Grundsätze bisweilen an Grenzen.
Spannungsfelder und Stolpersteine:
Helfen, aber nicht überfordern? Differenzkategorien beachten, aber nicht überbetonen? Sich parteilich für Migrant*innen einsetzen, aber im öffentlichen Diskurs nicht alles nur beschwichtigen?
Fachkräfte bewegen sich in vielen Spannungsfeldern und müssen immer wieder aufs Neue Stolperfallen der inter-/transkulturellen Arbeit umgehen. Inter-/transkulturelles und gendersensibles Arbeiten ist lebenslang eine Herausforderung. Fehlerfreundlichkeit, Selbstreflexion und Schulungen können hier unterstützend wirken.
Einige Teilnehmer*innen wünschen sich Bildungsangebote zum Thema Intersektionalität.
Blick auf geflüchtete Frauen:
Genderperspektiven können dabei helfen, genderspezifische Benachteiligungen aufzuzeigen und ihnen entgegenzuwirken. Daher blickten wir zusammen auf die Lebenssituationen und Herausforderungen geflüchteter Frauen in Deutschland.
Bei aller Heterogenität lässt sich festhalten: Die Frauen als Gruppe sind Mehrfachbenachteiligungen ausgesetzt. Für viele ihrer Bedarfe und Wünsche braucht es geschützte/geschlechterhomogene Räume.
Blick auf geflüchtete Männer:
Auch für die Gruppe der geflüchteten Männer gilt: Sie sind – bei aller Heterogenität – strukturellen Benachteiligungen ausgesetzt. Viele der Männer sind (noch) auf der Suche nach ihrer neuen Identität. Migrations- und Fluchterfahrungen bringen, insbesondere in den ersten Jahren in Deutschland, die eigenen Rollenvorstellungen ins Wanken.
Gemeinsam diskutierten wir: Woran können die Männer sich für ihre Zukunft orientieren? Welche Männlichkeitsmodelle können für sie attraktiv sein? Wie können wir in einen konstruktiven Dialog zu Geschlechtergleichstellungsthematiken kommen?
Transfer – Projektentwicklung
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen des Transfers. Die Teilnehmer*innen entwickelten in Gruppen Projektideen aus den bisherigen Erfahrungen und Erkenntnissen.
Die Aufgabe: Entwicklung einer Veranstaltung für Geflüchtete* zur Vermittlung von Geschlechterrollen und Rollenvorstellungen in Deutschland.
Die vier Gruppen entwickelten gemeinsam mit Humor, Professionalität und Kreativität kleine Projektideen, die im Plenum vorgestellt und diskutiert wurden.
Modellprojekt Rollenspielen – Über Geschlechterrollen gemeinsam reden
Zum Abschluss wurde das Projekt Rollenspielen als ein bewährtes Praxisbeispiel für die geschlechterreflektierte und vielfaltssensible Arbeit mit jungen Männern mit Flucht- und Migrationserfahrungen vorgestellt.
Veranstaltungshinweis: Genderkompetenz im interkulturellen Arbeitsfeld stärken
G mit Niedersachsen bietet für Fachkräfte der Gleichstellungs- und Migrationsarbeit am 23.05.2019 in Hannover eine Schulung an. Hier finden Sie dazu weitere Informationen.